Editorial 23
ECLAT 2023 ist mehr denn je ein Festival der Eigen- und Koproduktionen, gemeinsam gestaltet mit Künstler*innen, deren Ideen sich frei von vorgegebenen Themen oder gar Ideologien entfalten können. Auf sieben verschiedenen Bühnen im Stuttgarter Theaterhaus sind vielfältige konzertante, theatrale, installative, immersive, hybride und multiperspektivische Projekte zu erleben: eine 5-tägige Entdeckungsreise, die uns Positionen des heutigen Kunstschaffens nahebringt.
Die Auseinandersetzung mit Sprache und ihrem semantischen und klanglichen Gehalt zieht sich wie ein feiner roter Faden durch die Projekte: in einer vielgestaltigen Begegnung von Dichterinnen und Komponist*innen, als monologische Pflöcke in einer griechischen Tragödie, als kommunikative Meta-Ebene in szenischen Instrumentalwerken und in einer rasanten, aufwühlenden Traum-Erzählung, in der die Grenze zwischen Sprache und Musik sich in der Interaktion von Sprechen, elektronischer Musik und Jazz auflöst. So werden auch Jazz und Improvisation zu verbindenden Elementen zwischen einzelnen Werken.
Eine besondere Zusammenarbeit verbindet uns seit einigen Jahren mit osteuropäischen Künstler*innen, die, bedroht von der Aggression zynischer Autokraten, im Exil leben und nicht nur um den Aufenthaltsstatus im freien Westen kämpfen, sondern auch unsere Aufmerksamkeit einfordern. Die digitale platformB, die zum Festival an den Start geht, lädt ein zur freien künstlerischen Entfaltung jenseits von nationaler Vereinnahmung, Instrumentalisierung und »politisch korrekter« Restriktion. Bei allen Gegensätzen, Widersprüchen, Abgründen und Sehnsüchten, bei allem Stolz und aller Zerbrechlichkeit ist die Plattform doch geprägt von gegenseitiger Achtung und Respekt. So erleben wir Kunst als Ort der Selbstvergewisserung und Empathie und vielleicht auch als Stabilitätsfaktor in polarisierten zerbrechenden Gesellschaften.
Christine Fischer
Künstlerische Leitung