Mittwoch
Liebes Publikum,
in diesem Jahr übermitteln besonders viele Zuschauer*innen und Mitwirkende ihre Vorfreude auf das Festival. Man kann sich freuen auf ein vielfältiges Programm, das 40 internationale Künstler*innen der Komposition, Dichtung, Performance, Bildenden Kunst, Comic und Video-Animation aus unterschiedlichsten Perspektiven gestaltet haben, zusammen mit wunderbaren Ausführenden auf den Bühnen des Theaterhauses.
Aber hinter der Vorfreude steckt sicher noch mehr: die Erwartung an ein Festival-Ereignis als Moment der Vergewisserung, als »Heimatgefühl« in weiterem Sinn, als ästhetischen Ort, an dem wir große Emotionen erleben, aber auch Kontroversen austragen können–auf einem von Humanismus, Toleranz, Gelassenheit, Aufmerksamkeit geprägten Niveau. In einer heterogenen Gemeinschaft, die sich ihrer selbst sicher und bewusst ist. Und wir tun natürlich alles, damit ECLAT 2025 dieses Versprechen erfüllt.
Aber ist das genug? Ist das Angebot differenzierten Wahrnehmens ein Angebot an die ganze Gesellschaft (und müssen wir der ganzen Gesellschaft etwas anbieten?). Können wir als Kunstschaffende, gerade als Veranstalter zeitgenössischer Musik, etwas zum Zusammenhalt in unserer polarisierenden Welt beitragen? Wie reagieren wir auf globale Herausforderungen, die nicht mehr bewältigbar scheinen?
Kunst entsteht sicherlich nicht losgelöst von diesen Kontexten und Fragen. Die einen beantworten sie mit der Differenziertheit des musikalischen Ausdrucks, der rein von musikimmanenten Gesetzmäßigkeiten bestimmt ist. Andere drängt es dazu, Sachverhalte in Klang, Bild, Sprache aufzugreifen, aufmerksam zu machen, Position zu beziehen. Es sind sehr unterschiedliche »rote Fäden«, die sich zwischen den Projekten dieses Jahrgangs gebildet haben.
Das Festival beginnt mit der künstlerischen Antwort auf ein Gesellschaftsspiel, Spiel des Lebens, in dem es darum geht, »alle Mitspieler völlig fertig zu machen und am Ende als alleiniger Sieger mit einem Haufen Reichtum dazustehen. … Ich war so entsetzt, dass ich dachte, ich muss das als Material begreifen, damit es mich nicht immer völlig ärgert.« Uwe Raschs DSDL ist Teil seiner Trilogie Mit Ach und Krach, die sich durchs ganze Festival zieht.
Alex Paxton möchte magische Musik machen: Gesang als Spiel, Zuhören als Berührung und Harmonie wie das Leben in einem Körper. Er beschreibt seine Kunst–hier im Heft ist auch eine Auswahl seiner Bilder zu sehen–als »neuen Maximalismus«, gespeist durch unsere maximalistische Welt, das Internet, soziale Medien und die Schnelllebigkeit von allem. »Mein Unterbewusstsein, das magische Unbekannte, das die Kunst schreibt, ist mit all diesen Dingen gefüttert worden.«
Und so wird die überbordende, hochvirtuose, den Interpret*innen kaum Machbares abverlangende manisch-magische Feier der Sinnlichkeit zu einem fast atemlosen Tanz auf dem Vulkan.
Am Ende des Abends steht nochmal das Spiel. Christian Winther Christensen zeichnet fragil und poetisch ein Klang-Bild des in sich versunkenen kindlichen Spiels mit Bauklötzchen. »Ich möchte einfach etwas aufbauen, wenn draußen in der Welt so viel zerstört wird«, sagt er im Interview mit Michael Zwenzner, dessen Gespräche mit Protagonist*innen des Festivals unser PORTAL auf der Website bereichern.
Vor uns liegen fünf reichhaltige Festivaltage. Ich danke unserem großartigen Team, das umsichtig und effektiv die komplexen Produktionen begleitet und für einen reibungslosen Ablauf des Festivals sorgt. Alle Mitarbeitenden in Organisation und Technik sind auf der Seite eclat.org genannt.
Ein herzlicher Dank geht auch an das Theaterhaus-Team für die kollegiale Zusammenarbeit.
Nun wünsche ich uns allen ein anregendes und freudiges ECLAT 2025!
Christine Fischer, Künstlerische Leitung