Thomas Stiegler: Inferner Park 5
(6. Streichquartett)
Seit 2005 passieren mir immer wieder Werkreihen. Diese enden bisher immer nach 6 Stücken (keine Ahnung warum, vermutlich aufgrund der handelsüblichen Größe von Eierkartons).
Inferner Park war eigentlich nicht als Werkreihe gedacht. Tatsächlich besteht das erste Stück aus 16 ½ Bildbeschreibungen für Violine und Klavier, welche sich auf den gleichnamigen Zyklus von Paul Klee beziehen. Klee hatte die 16 Bleistiftzeichnungen im Jahr 1939, also ein Jahr vor seinem Tod, angefertigt und in seinem OEuvre-Katalog unter den Ziffern 238–253 als laufende Folge eingetragen. Der Titel verweist auf den ersten Teil aus Dantes Divina Commedia. Bei Klee allerdings führt die Bildfolge nicht zu Fegefeuer oder gar Paradies, sondern gleicht eher einem Tasten in den unvermeidlichen Abgrund.
Das Geige-Klavier-Stück Inferner Park 1 ist ebenso wie die Klee-Zeichnungen mit Bleistift geschrieben und umfasst 59 Seiten. Auf die Rückseiten dieser Blätter haben sich kurze Dante-Zitate eingeschlichen (genauer gesagt je eine Zeile pro Gesang der Göttlichen Komödie, in Summe also 100 Zeilen). Diese können als eigenständiges Stück (Inferner Park 2) geflüstert und geblättert werden und versprechen hohes ASMR-Potential. Stück 3 ist dann die Synthese dieser beiden Gebilde, welches auch quasi installativ (dann allerdings idealerweise mit je zwei Musiker*innen pro Instrument) aufgeführt werden kann.
Inferner Park 4 hat eigentlich den Titel »Bilderbuch« und ist ein Orchesterstück. Inferner Park 5 beginnt dort, wo das Comic endet, und lässt damit die Bildwelt Paul Klees ziemlich weit hinter sich. Mein Cellostück Arboretum von 2023/24 könnte vielleicht auch Inferner Park 6 heißen, hat sich diesbezüglich aber noch nicht abschließend entschieden.
(Thomas Stiegler)