Sven Ingo Koch: Simple Songs & Lieder des Verzehrens
nach Gedichten von Jan Wagner
(2020–2021)1 maulbeeren
2 fenchel
3 marder
4 vogelgrabsong
5 streichholz
Lieder zu schreiben, Gesangliches zu komponieren, ist seit vielen Jahren mein Wunsch. Allerdings wollte ich mich auf jene Verfahren und Ausdrucksformen, die mir sonst bei meiner melodischen Arbeit wichtig sind, nicht verlassen: Eine »Heterochronität« simultaner Ebenen und achteltönig auskomponierte melodische Linien habe ich mit Blick auf die Besetzung zu Beginn des Arbeitsprozesses ausgeschlossen. In dieser Beschränkung lag zugleich der Reiz, mich bei manchen Liedern in Richtung »Song« zu bewegen.
Heterogenität entsteht in diesem kleinen Zyklus durch die Gegenüberstellung kontrastierender Lieder, bzw. eben Songs, die sich in ihrer Andersartigkeit wechselseitig perspektivieren. Die formale Anordnung der Lieder folgt dabei der Intensität der besungenen Formen des Verzehrens: Vom sehnsuchtsvollen Verspeisen der Maulbeeren und des Fenchels zum Blutrausch des Marders, der die Tauben »entkorkt«, zu den Vögeln, die sich über die menschlichen Körper hermachen, bis hin zum metaphorischen Streichholz, das sich (und seine Zeit) brennend verzehrt.
Simple Songs & Lieder des Verzehrens sind Viktoriia Vitrenko gewidmet.
Sven-Ingo Koch