Rebecca Saunders: Void
für Schlagzeug-Duo und Orchester
(2013/2014)void/vɔɪd. C13 F. vuide + voider, L. vacare + vocītus.
Inhaltslos, wüst, frei
Abwesend, fehlend leer.
Der letzte der 13 Texte um Nichts von Samuel Beckett (1947–52) heißt schlicht XIII. Eine Kurzprosa von großer Kraft und Klarheit. Intensive, fragil-flüchtige Momente, die das unaufhörliche, mundlose Murmeln einer Stimme schildern, verzahnen sich mit gewalttätigen Ausbrüchen von Wut und Hoffnungslosigkeit. Ich kam während der Arbeit immer wieder darauf zurück:
»…a voice murmuring a trace. A trace it wants to leave a trace, yes, like air leaves among the leaves…
…And whose shame, at every mute micromillisyllable, and unshakeable infinity of remorse delving ever deeper in its bite, at having to hear, having to say, fainter than the faintest murmur, so many lies, so many times the same lie lyingly denied, whose the screaming silence of no´s knife in yes´s wound, it wonders….
…one day to be here, where there are no days, which is no place, born of the impossible voice the unmakable, and a gleam of light, still all would be silent and empty and dark, as now, as soon now, when all will be ended, all said, it says, it murmurs.«
Texts For Nothing, Calder Publications
»…nur die Stimme ist, raunend und Spuren hinterlassen, ja, wie die Luft sie im Laub hinterläßt…
…Und wer schämt sich bei jedem stummen Millionstel einer Silbe, mit einer unauslöschlichen Unendlichkeit von sich Biß auf Biß vertiefenden Gewissensbissen, diesseits vom mindesten Gemurmel, soviel Lüge, wer, dessen brüllende Stille Wunde des Ja und Messer des Nein ist, sie fragt es sich….«
…wenn es eines Tages an diesem Ort. wo es keine Tage gibt, der kein Ort ist, hervorgegangen aus der unmöglichen Stimme das nicht zu machende Sein gäbe und einen Beginn von Tageslicht, so wäre alles still und leer und schwarz wie jetzt, wie bald, wenn alles zu Ende, alles gesagt sein wird, sagt sie, murmelt sie.”
Texte um Nichts, Bibliothek Suhrkamp
Unter der Oberfläche der Stille verbirgt sich eine Kakophonie von Klang und Geräusch, ein endloses Potenzial, das hörbar wird. Der Akt des Komponierens enthüllt verschiedene Prozesse: Klangfäden behutsam ausziehen, Farbpartikel aus der Tiefe schöpfen, Klänge aus der Stasis des Schweigens treiben. Diese Arbeit ist Christian Dierstein und Dirk Rothbrust gewidmet, mit meinem herzlichen Dank für unsere gemeinsamen inspirierenden Klangsondierungs-Sessions.
(Rebecca Saunders)