Ying Wang: 528 Hz 8va
für Orchester und Elektronik
(2021/2022)Ein schneller, aber angenehm aktiver Herzschlag, ein nicht vergehendes unbewusstes Lächeln, ein sich ständig verändernder Klang, der doch immer genau dorthin führt, wo noch mehr Energie frei wird–so als hätte man ihn selbst gelenkt; das Tempo stets zügig, aber genug Pausen, um durchzuatmen, nie ein schreiender Kontrast, der den Puls abrupt unterbricht.
528 HZ 8va stellt sich ganz bewusst und energetisch in den Dienst einer optimistischen Tatsachen- und Weltbetrachtung. Das Stück zielt nicht auf ein Drama aus Höhenflügen und tiefem Fall und es vermeidet schroffe Kontraste. Stattdessen ist es eine Freudenmusik in mehreren ineinandergleitenden Stationen. Dass eine Musik, die aus dem überreichen Fundus positiver Klangkonnotationen und Emotionen schöpft, nicht in New Age Dur-Akkorde oder leeres Bläser-Jubeln driften muss, wird schon nach ein paar Takten des Stückes klar. Euphorische, chaotische Momente finden sich genauso im Stück, wie uns warm umspielende Wiegenmelodien. Aus dem Orchester lösen sich immer wieder solistische Momente heraus, die innerhalb des Klangflusses kleine bewegliche Gruppen bilden und, indem sie uns an der Hand nehmen, durch das Stück führen. Das Stück geht dann in eine sich nach oben schraubende virtuose Kadenz über, in der Material aus allen vorausgegangen orchestralen Glücksmomenten, polyphon verbunden, in einem orgastischen Höhepunkt kulminiert. Musik ist ein Jungbrunnen und soll hier als solcher explizit neu gegraben werden. Ein bisschen wie Mdma ohne Nebenwirkungen.
Verjüngt wird nun auch dieses Stück–in einer neuen Fassung mit Elektronik aus dem SWR Experimental Studio. Ying Wang macht sich auf die Suche nach anderen, digitalen Glücksmomente, die hinter jenen analogen stehen, die schon erklungen sind. Darin steckt nichts bloß Zeitgeistiges, sondern der digitale Alltag, nicht nur jener in Zoomlandia. Einzelne Glücksmomente des Stücks werden elektronisch angehalten, sodass man sie länger genießen kann, wie ein digitaler Freezeglitch an der Lieblingsstelle–Coitus extensus. Mancher Moment wird nun auch invertiert, um zu sehen, ob die Freude, die ihm eingeschrieben ist, nicht auch noch anders klingen kann. Auch die Dynamik wird erweitert, alles wird extremer und mehr, das braucht auch einen neuen akustischen Raum, 8 Kanäle also–die Elektronik kann das.
Ying Wang